Empowerment-Arbeit in Brandenburg

Shownotes

In der dritten Folge der Böll.Regional Podcastreihe „Vielfalt in Brandenburg“ treffen wir Sarah Fartuun Heinze - multidisziplinäre Künstlerin, Autorin und kulturelle Bildner*in an der Schnittstelle zu Theater, Games, Musik und Empowerment. Sarah Fartuun Heinze macht kulturpolitische Arbeit immer aus einer schwarzen queeren, querfeministischen intersektionalen Perspektive. Sarah hat viel angestoßen in der Cottbusser Subkultur- und Kulturszene und nimmt uns in der dritten Folge unserer Reihe mit auf einen Spaziergang durch Cottbus.

Ein Podcast mit Sarah Fartuun Heinze, multidisziplinäre KünstlerIn und Kulturelle BildnerIn

Internetseite von Sarah Fartuun Heinze:

https://www.sarah-fartuun-heinze.de/

„Wettermagie“ von Sarah Fartuun Heinze: aufgenommen im Mai 2019 in Benny's Klangkammer Aufnahme, Mischung, Artwork: Benjamin Buder Coverfoto: Marlies Kross Verlegt bei Tanz auf Ruinen Records, findet ihr hier:

https://fartuuna.bandcamp.com/track/wettermagie

„Gönn dir eine Fee“ von Sarah Fartuun Heinze, aufgenommen im Mai 2019 in Benny's Klangkammer Aufnahme, Mischung, Artwork: Benjamin Buder Coverfoto: Marlies Kross Verlegt bei Tanz auf Ruinen Records, findet ihr hier:

https://fartuuna.bandcamp.com/track/g-nn-dir-ne-fee

Foto: © Claudia Friedrich

Transkript anzeigen

Sarah: Sarah: „Mein zweiter Vorname ist Glück“

Jingle: Jingle: „Böll.Regional“

Atmosphäre: Atmosphäre: Schneestapfen

Moderation: Moderation: Manches muss man einfach trotzdem tun: Lange war das Treffen geplant. Corona-konform hatten wir unser Interview als Spaziergang durch Cottbus geplant. Und dann schneit es – und hört nicht auf. Ich fahre trotzdem nach Cottbus, stapfe vom Bahnhof zum Staatstheater. Hier kommt Sarah Fartuun Heinze auf mich zu – dick einmummelt in mehrere Schals.

Vanessa: Vanessa: „Hallo Sarah! Hallo. Du siehst ja auch eingepackt aus!“

Sarah: Sarah: „Ja, ich war den ganzen Tag in meiner Homeoffice-Höhle und jetzt: Es schneit. Ich musste mich erstmal bracen, innerlich und äußerlich.“

Vanessa: Vanessa: „Ist auch etwas ganz Besonderes, dass wir uns persönlich treffen. Ich habe so viele Interviews online gemacht in letzter Zeit.“

Sarah: Sarah: „Herzlich willkommen in Cottbus.“

Moderation: Moderation: (auf Soundbett) Ich bin Vanessa Loewel und das ist der dritte Teil unserer Reihe „Vielfalt in Brandenburg“. In diesem Podcast wollen wir Menschen aus Brandenburg und ihre Lebensentwürfe vorstellen und darüber sichtbar machen wie vielfältig Brandenburg ist. In dieser Folge stelle ich euch Sarah Fartuun Heinze vor. Sie hat viel angestoßen und bewegt in der Subkultur- und Kulturszene in Cottbus in den letzten Jahren.

Musik: Musik

Sarah: Sarah: Mein Name ist Sarah Fartuun Heinze, ich arbeite als multidisziplinäre freiberufliche Künstler*in, Autor*in und kulturelle Bildner*in an der Schnittstelle zu Theater, Games, Musik und Empowerment und auch mit diesen Themen. Ich spiele gerne, Theater, Games, Musik und ich betrachte, schreibe, lohnarbeite, mache kulturpolitische Arbeit aber auch Kulturarbeit, immer aus einer Schwarzen queeren, querfeministischen intersektionalen Perspektive und meine Lieblingsthemen sind Utopien, progressive Fantastik, (…) und, ja, wie es denn schöner sein könnte, und schöner ist es, wenn wir, weil Banden bilden fetzt und Sinn macht, uns gemeinsam überlegen, wie das denn so sein könnte.

Atmosphäre: Atmosphäre: Schritte

Moderation: Moderation: Sarah Fartuun Heinze nimmt mich mit auf einen Spaziergang durch ihr Cottbus – sie führt mich zu den Orten, die für sie und ihre Arbeit in den letzten Jahren wichtig waren. Es geht los vor dem imposanten Jugendstilbau des Staatstheaters. Hier begann ihre Zeit in Cottbus, 2017 ist sie hierher gezogen.

Sarah: Sarah: Ich bin hier nach Cottbus gekommen, um hier in diesem Haus als Musiktheatertheaterpädagog*in für die Sparten Musiktheater und Ballett zu lohnarbeiten. Und das war eine politische Entscheidung. Die Stelle, die ich hier ausgeübt habe, die gab es vorher so nicht. Also fand ich es spannend, aus einer fachlichen Perspektive. Und dann war das deswegen eine politische Entscheidung, weil ich finde, kulturelle Bildung ist immer auch politische Bildung, Kultur immer auch politische Arbeit. Und ich habe mich bewusst entschieden, als Schwarze Person eben diese Stelle anzutreten und die Gelegenheit vielleicht hoffentlich nutzen zu können, gemeinsam mit künstlerischen Kompliz*innen in diesem Haus, in dieser Stadt Dinge zu tun und möglich zu machen und so.

Vanessa: Vanessa: Du hast auch gesagt, es ist eine politische Entscheidung, dass du hier her gekommen bist. (…) Was war diese politische Entscheidung ganz konkret?

Sarah: Sarah: In meiner zweiten Spielzeit hier hatte ich einen Praktikanten, eine junge Schwarze Person und den habe ich kennengelernt, weil ich in der Spielzeit vorher in seiner Klasse so einen Premieren-Klassenprojekt gemacht hab. Da begleitet eine Klasse, einen Inszenierungsprozess von der Konzeption bis zur Premiere - und zur Premierenfeier, natürlich. Und in der Spielzeit darauf schrieb er mir eben: Hey, ich fand es so interessant, Sarah, kann ich ein Praktikum bei dir machen nicht so? Ich hab mich natürlich gefreut. So. ok: Am Anfang fandest du Oper sehr langweilig ist und jetzt willst Du ein Praktikum bei mir machen. Komm auf jeden Fall komm vorbei. Wir waren dann irgendwie Mittagessen zusammen und da hab ich ihn gefragt: Sag mal, wie geht es dir eigentlich so hier in Cottbus? Und dann haben wir uns ausgetauscht über wie es eben uns hier so geht als rassifizierte Personen in dieser Stadt. Und da hat er erzählt: Sarah, ich habe mich so gefreut, dass Du, gerade Du, bei uns in der Klasse gestanden bist. Also, das war schön, deswegen bin ich halt hier. Also nicht nur, aber schon auch.

Moderation: Moderation: Sie hat Entwicklungs-, Inklusions- und Kulturpädagogik studiert, außerdem hat sie eine Ausbildung zur Theaterpädagogin gemacht und ist Stipendiat*in des Masterstudiengangs "musik.welt – Kulturelle Diversität in der musikalischen Bildung“. Sarah Fartuun Heinze ist in einem kleinen Dorf in der Nähe von Stuttgart aufgewachsen.

Sarah: Sarah: Genau, ich bin Schwäbin, Exil-Schwäbin.

Vanessa: Vanessa: Und wie bist du da überhaupt auf die Idee gekommen, dich hier in Cottbus zu bewerben?

Sarah: Sarah: Ich habe mich so überregional beworben, von Aachen bis Wien und in der Spielzeit waren an zwei Häusern Musiktheater-Pädagogikstellen ausgeschrieben und es war in Pforzheim und hier tatsächlich. Und die haben mir die Stelle hier angeboten nach einem Bewerbungsgespräch, ziemlich direkt und als ich überlegte, ob ich dann hierher gehen will, habe ich dazu recherchiert bin, und bin auf so einen Artikel wahrscheinlich der Lausitzer Rundschau gestoßen. Das ist hier übrigens der Schillerpark. Ja, also man sieht hier so einen See, wo kein Wasser drin ist und im Sommer ist immer Wasser drin.

Vanessa: Vanessa: Und man sieht auch das Staatstheater, wir stehen direkt dahinter.

Sarah: Sarah: Genau, dieser Artikel, wo dieses Projekt Schule ohne Rassismus Schule mit Courage vorgestellt wurde: Dann kam eben eine junge Person of Color zu Wort und meinte: Es ist irgendwie scheiße, dass es nie Erwachsene gibt, die so aussehen wie ich. Und da habe ich mich an meine Kindheit auf dem schwäbischen Dorf erinnert und es war halt auch so.

Vanessa: Vanessa: Du bist dann hierher gekommen, hast diese Stelle angetreten. Was war denn so deine Aufgabe? Womit hast du gearbeitet, in der Musiktheater-Pädagogik?

Sarah: Sarah: Ich habe Theater-Führungen gemacht. Ich hab (…) versucht, das Programm für junges Publikum für Musiktheater mit zu gestalten. Wie so Musikdramaturgie für junges Publikum. Ich hatte ein Spielclub, ein Labor, wo ich mit Teilnehmerinnen zwischen acht und vierzig Klang ästhetisch theatral geforscht hab. Das Labor-Musiktheater. Ich habe Workshops gemacht.

Vanessa: Vanessa: Wie hast Du die Zeit hier am Theater erlebt?

Sarah: Sarah: Unterschiedlich. (lacht) Darüber habe ich auch schon an verschiedener Stelle schon viel gesprochen. Ich glaube, da gibt es bestimmt auch noch jede Menge dazu zu sagen. Aber vielleicht ein andermal oder auf jeden Fall nicht jetzt.

Vanessa: Vanessa: Aber wir können festhalten: Das ist der Ort, weswegen du nach Cottbus gekommen bist.

Sarah: Sarah: Nee, ich glaube, es war der Anlass, warum ich hergekommen bin und ganz unterschiedliche Dinge erleben musste, aber auch durfte.

Vanessa: Vanessa: Da würde ich jetzt natürlich gerne nachfragen: Was musstest du erleben und was durftest du erleben?

Sarah: Sarah: Ich habe hier, so wie viele andere mehrfach marginalisierte Personen, Künstler*innen, Theatermacher*innen, kulturelle Bildner*innen im System Theater, das einfach bürgerlich, patriarchal, weiß und strukturell gewaltvoll ist, hier strukturell gewaltvolle Erfahrungen gemacht. Und deswegen bin ich dann auch hier gegangen. Ich habe gekündigt, tatsächlich.

Moderation: Moderation: Mehr möchte Sarah Fartuun Heinze heute nicht erzählen: Die Hintergründe könnt ihr in einem Podcast erfahren, den sie gemeinsam mit dem Journalisten Kolja Unger für den DLF produziert hat. „Trouble im Theater“ verlinken wir in den Shownotes.

Sarah: Sarah: Ich glaube, es braucht eine ganz klare Benennung dieser gewaltvollen Strukturen. Also Strategien, Vielfalt. Und ja, weil die Veränderung braucht es ja nicht nur, die hat ja auch schon lange angefangen. Ich glaube, deswegen dröhnt dieses System, aber nicht nur das System Theater, auch andere strukturell gewaltvolle Systeme so laut, weil die das ja schon auch spüren, dass sich Dinge eben verändern.

Vanessa: Vanessa: Und das Dürfen? Was durftest du hier erleben?

Sarah: Sarah: Ich durfte hier ganz tollen, ganz vielen jungen Personen auch, und vor allem begegnen im Labor Musiktheater. In diesem Spiel Club Format, in den Workshops, aber auch die Kolleg*innen, denen hier begegnen durfte. Ganz viele Begegnungen tatsächlich. … Und, wo ich jetzt mit dir gerne hingehen würde, ist ein Ort, den habe ich nicht erst entdeckt, als ich nicht mehr hier im Haus war, aber der auch noch darüber hinaus sehr wichtig für mich war.

Moderation: Moderation: 2019 hat Sarah Fartuun Heinze zwar dem Staatstheater gekündigt, aber nicht der Stadt. Sie ist in Cottbus geblieben und hat sich hier selbstständig gemacht.

Sarah: Sarah: Wir gehen zum ehemaligen Faulen August. Das ist ein Club gewesen, den leider die Pandemie gefressen hat. Ist fünf Minuten von hier.

Atmosphäre: Atmosphäre: Schneestapfschritte

Vanessa: Vanessa: Was war denn die Entscheidung, nachdem eben die Arbeit am Staatstheater zu Ende war, hier in Cottbus zu bleiben?

Sarah: Sarah: Die Gründe, warum ich hergekommen bin haben immer noch gestimmt. Also es ist immer noch eine politische Entscheidung gewesen, hierher zu ziehen. Und es ist auch eine politische Entscheidung gewesen, hier zu bleiben. Es passt jetzt eigentlich ganz gut, dass wir auch zum Faulen August gehen. Ich habe hier auch viel kulturpolitische Arbeit gemacht, ich habe Veranstaltungsreihen ins Leben gerufen zum Beispiel. Als ich hierher gezogen bin, habe ich hier eine sehr vielgestaltige und vielklangfarbige Subkulturlandschaft vorgefunden und fand das ziemlich spannend. Und was ich natürlich auch super interessant fand, also ist, als Schwäbin habe ich schon an unterschiedlichen Orten Deutschlands gelebt. Aber als ich hierher gezogen bin, war das das erste Mal, dass ich so in den deutschen Osten gezogen bin. Und auf einmal war ich nicht mehr die Schwäbin, sondern so der Wessi und war so mit meinen ganzen Jahren, mit meiner ganzen Westsozialisation auf einmal konfrontiert. Also alles, was ich denke zu wissen über den deutschen Osten und die DDR und die friedliche Revolution, da fängt es ja auch schon an. Das ist auch ein Wort, das ich hier gelernt habe. Alles, was ich dachte, gelernt zu haben und zu wissen durch Schulbildung und Popkultur, das das überhaupt gar nichts zu tun hatte mit den Lebensrealitäten von Menschen hier. Und das fand ich ziemlich interessant.

Vanessa: Vanessa: Was hast du denn gelernt konkret? Kannst du das sagen?

Sarah: Sarah: Also so ganz banal: Ich bin 32. Ich bin 89 geboren. Also man könnte eigentlich denken, dass da genug Zeit war, einer Pluralität von Erzählungen über deutsch deutsche Geschichte Raum zu schaffen. Und zum Beispiel irgendwie, dass es eben nicht nur die eine Erzählung gibt, sondern einfach ganz viele, ganz viele Perspektiven. Und wie stark dominiert durch Westsozialisation der gesamtdeutsche Diskurs über deutsch deutsche Geschichte auch ist. Mein größtes Learning war wirklich einfach: Wow, okay, i don't know anything. Sich davon zu verabschieden, alles zu wissen. Was ja ein ganz wichtiger Schritt ist, wenn man sich in Prozesse von Lernen und Verlernen begibt, wenn man halt mit Lebensrealitäten und Perspektiven konfrontiert ist, die in der eigenen Lebensrealität erst mal keine Resonanz finden, aufgrund von nicht vorhandener Erfahrung, sich einfach damit zu befassen. So okay, vielleicht erst mal zuhören. And that’s what I did.

Atmosphäre: Atmosphäre: Schritte

Vanessa: Vanessa: Ah, jetzt sind wir schon beim Faulen August? Ne

Sarah: Sarah: Da vorne, da wo das Krombacher Schild ist geht es rein. Da kommt man auch gar nicht mehr rein. Wow, was ist los? Okay, krass. Da müssen wir außen rumgehen.

Vanessa: Vanessa: Ich habe das Gefühl, du hast dich wirklich mit Haut und Haar hier rein begeben und hast voller Neugierde und auch Lust, das alles zu erleben, dich nach Cottbus begeben.

Sarah: Sarah: Ich sage ja, ich bin eine neugierige Person. (lachen)

Atmosphäre: Atmosphäre: Schritte

Moderation: Moderation: Wir gehen um das Gebäude herum, vorbei an großen Backsteingebäuden.

Sarah: Sarah: Ich war ja auch lange nicht mehr. Das ist so das Verwaltungsgebäude, eine alte Kaserne.

Vanessa: Vanessa: Vom Theater?

Sarah: Sarah: Ja, das Verwaltungsgebäude, das Intendanzgebäude. Und das ist übrigens "Der Faule August“, das war „Der faule August“.

Moderation: Moderation: Wir biegen in einen Hinterhof ein, an einem flachen Backsteingebäude hängt ein Plakat: „Rette jetzt die Cottbuser Kunst- und Kreativszene“. Die Fenster sind mit Holzlatten verrammelt.

Vanessa: Vanessa: Was ist das? Eine ehemalige Lagerhalle oder was ist das hier genau?

Sarah: Sarah: Es ist auf jeden Fall denkmalgeschützt, glaube ich. Ja, krass. Ich war seitdem wir Abschied gefeiert haben nicht mehr hier. Wow! Viele Orte der Subkultur oder der Kultur hat die Pandemie gefressen. Da über der Tür hing auch das Schild. Der Faule August ist halt so eine Club, Bar gewesen, in dem auch Konzerte waren, vor allem auch. Der Besitzer, der Chef Dave Kopsch, der war in der ganzen Welt unterwegs und hat Bands gemanagt und so. Und aus der ganzen Welt kamen teilweise auch so richtig berühmte Bands und haben halt hier gespielt. Und einmal im Monat waren immer Jam-Sessions hier, donnerstags, so habe ich den Ort auch kennen gelernt. Ich kannte ja auch keine Socke, als ich hergezogen bin. Und Ich habe ganz viele Personen hier kennengelernt, die dann echt Freund*innen geworden sind. Und es ist sautraurig, dass es den Ort nicht mehr gibt. Hier unten waren noch Proberäume drin, es gab hier die Lesebühne.

Vanessa: Vanessa: Und deine Reihe, von der du erzählt hast, „von ganz tief unten“.

Sarah: Sarah: Das war im Keller tatsächlich und es gab ein riesengroßes Sofa und die Einladung war einfach so: Hey ähm, wenn du Bock hat etwas auszuprobieren oder wenn du noch nie irgendwie auf irgendeine Art von Bühne warst, oder wenn du gerade an was arbeitest und willst es mal irgendwie teilen mit Publikum oder ganz anders, dann komm halt einfach vorbei.

Vanessa: Vanessa: Jeder, und jede?

Sarah: Sarah: Alle einfach! Und deswegen hatte das auch so Probebühnencharakter, weil auf dem Theater ist ja die Probe oft zu sehr heilig. Nicht gucken, bitte. Also, es gibt auch Gründe dafür. Aber manchmal denke ich mir auch so: Ja, die Premiere ist heilig und deswegen muss die Probe auch heilig sein und oder was? Und deswegen finde ich auch cool, Leute von Anfang an einladen: Kommt, probiert mal aus, sagt, wie findest du es? Und am Anfang habe ich dann immer die Leute auf die Sofa-Bühne eingeladen und so ein bisschen mit denen geschnackt. Wer bist du? Was teilst du heute? Und wie geht es dir so? Und dann haben die irgendwie losgelegt. Also einmal hat eine Freundin mit ihrer Kinder-Theatergruppe was gezeigt, so ein Märchenstück irgendwie gespielt oder an einem Sonntag waren richtig viele Leute von der studentischen Bühne irgendwie da oder einmal war eine Poetin, eine Künstlerin, die irgendwie glaube ich schon lange nicht mehr auf der Bühne war, da. Es hat mal jemand einen Film gezeigt und es war so unterschiedlich.

Vanessa: Vanessa: Als ich über dich gelesen habe, habe ich sehr oft gelesen: dieses partizipative Arbeiten, warum ist dir das so wichtig?

Sarah: Sarah: Kunst machen immer auch eine kollaborative Angelegenheit. So also. Es gibt ja so viele toxische Theatermythen, die alle schön gehen dürfen, baldigst. Zum Beispiel ist da ja irgendwie so dieser ganz gewaltvolle, wirkmächtige Mythos vom Regie-Genie. Das so als Alleinherrscher. Weil für große Kunst muss man leiden. Dann irgendwie für Angst und Schrecken sorgt auf der Probebühne. Abgesehen davon, dass ich glaube, dass es irgendwie so eine neoliberal kapitalistisch geprägte gewaltvolle Quatscherzählung ist, als ob jemals eine Person alleine auf irgendwas Interessantes gekommen wäre, also nur dieser Individualismus einfach. Das ist einfach Bullshit. Also selbst wenn du dich alleine in ein Kämmerlein hockst und denkst ich habe jetzt eine sehr gute Idee, dann ist es sowieso entstanden aus dem Zusammenspiel von ganz vielen schillernden Impulsen und ganz vielen coolen Leuten. Und das ist wundervoll.

Vanessa: Vanessa: (auf ruhiger Ukulelenmusik) Du bist ja selber auch Musikerin, bist du selbst auch mal im Faulen August aufgetreten?

Sarah: Sarah: Also das erste Konzert, das ich in Cottbus gespielt habe, das war quasi wie die Auftaktveranstaltung für „von ganz tief unten“.

Musik: Musik: (Sarah singt) Es war einmal ein Menschenkind, das war so alt wie du. Es hatte deine Augen, deine Nase, deine Träume und war trotzdem nicht du – oder doch? In nem andren Multiversum. Bestenfalls. Oder ganz anders – Wer weiß das schon? Jedenfalls: Dieses Menschenkind das tanzte tagaus, tagein und auch des Nachts. Es lachte. Und träumte. Und tanzte. Jedenfalls. Sonnentänze und Regentänze. Ein ganzes lang-kurzes Menschenleben lang. Regentänze und Sonnentänze und Lieder, zu denen man tanzen kann.

Sarah: Sarah: (auf Musik) Das war mein erstes Konzert, das ich hier gespielt habe im Faulen August. Auch deswegen ein besonderer Ort für mich. Und na klar, ich war natürlich regelmäßig bei den Jam Sessions. Na klaro.

Vanessa: Vanessa: Und hast mitgejammt mit Deiner Ukulele?

Sarah: Sarah: Nee, immer mit meiner Stimme. Also die Stimme ist mein Hauptinstrument. Ich habe hier auch rappen ausprobiert. Und wenn man zusammen rappt, also ich finde, Jam-Sessions, das ist auch wie eine Probebühne. Um auf das Partizipative zurückzukommen: Es entsteht ja auch partizipativ im Zusammenhang in diesem Moment ganz unmittelbar. Und ich finde, jede Person ist ein*e Künstler*in so. Es braucht einfach ganz dringend irgendwie Räume, wo Personen das entdecken, erkunden, erleben und erfahren dürfen. Gemeinsam auch. Weil die Welt, wie sie noch ist, sagt dir halt ganz oft: Du kannst das nicht, so bist du nicht, du bist zu klein, zu wenig, du bist falsch. Und ich glaube, es braucht ganz, ganz dringend Räume, die anderes Erleben möglich machen. Utopische Räume.

Moderation: Moderation: Was mir bei meinem Spaziergang mit Sarah Fartuun Heinze immer wieder auffällt ist, wie bedacht sie mit Sprache umgeht. Sie gendert konsequent oder spricht zum Beispiel von jungen Personen anstatt von Kindern – denn der Begriff „Kinder“ ordnet bereits ein in eine Hierarchie. Sarahs Worte lassen den Menschen, die sie beschreibt, die Freiheit, sich selbst zu definieren. Aber nicht nur, wenn es um Menschen geht, formuliert sie bedacht: Zum Beispiel spricht sie nicht von der „Welt, wie sie ist“, sondern von der „Welt, wie sie noch ist“. Das heißt: Hey, wir können hier etwas ändern, wir schaffen das, die Welt zu einem schöneren Ort zu machen. Und das ist auch genau das, wofür Sarah Fartuun Heinze kämpft. Das wird auch deutlich, an unserer nächsten Station: dem Erich-Kästner Platz. Hier steht das Stadthaus und das Piccolo Kindertheater und eine riesige Krebsskulptur. Der Krebs ist das Wappentier von Cottbus.

Sarah: Sarah: Das war der Ort, da haben wir so ein Projekt gemacht „Wann, wenn nicht jetzt“. In dem Jahr, wo Landtagswahl war in Brandenburg, Thüringen und Sachsen. Da gab es dann so eine Marktplatz Tour, wo dann eben in allen öffentlichen Orten überall in Sachsen, Brandenburg und Thüringen Veranstaltungen waren, Konzerte, Talks, Lesungen und in Cottbus war es auf dem Erich Kästner Platz. Die Idee war, vor der Landtagswahl noch mal so alles zu mobilisieren und die Idee ist auch so ein bisschen entstanden aus dem „Wir sind mehr“. Weil also an so Orten wie Plauen, Grimma, Cottbus oder Saalfeld oder so, da sind wir halt oft nicht mehr. Wir sind aber auch da. Wir sind mehr als die meinen. Und deswegen haben wir uns ja zusammengeschlossen, sind zwei Monate lang durchs Land getingelt und dann das alles zusammen gerockt.

Vanessa: Vanessa: Wir sind vorhin gegenüber vom Stadttheater ist so ein großes Schild „Cottbus ist bunt“, so ein Regenbogen-Plakat hängt da. Wie bunt hast du denn Cottbus erlebt?

Sarah: Sarah: Unterschiedlich. Schon auch bunt und vielfarbig: Über die Subkultur haben wir schon gesprochen. Und die tollen Personen, die irgendwie Türen und Herzen aufgemacht haben. Das klingt so kitschig, aber so war es auch. Aber natürlich habe ich hier auch rassistische Gewalt irgendwie erlebt. Aber ich hab jetzt hier nicht schlimmere Sachen erlebt oder ich habe halt andere Sachen hier erlebt als auf dem schwäbischen Dorf oder so. Und Cottbus ist bunt und Cottbus ist braun, so wie das überall so ist. Ich glaube, das Problematischste an ganz vielen solchen „XY ist bunt“- Kampagnen ist: Das ist dann einfach schnell so um Image-Politur geht. Und das ist halt dann problematisch. Weil natürlich ist Cottbus ein Knotenpunkt rechter Netzwerke, aber die extreme Rechte ist überall extrem gut vernetzt. So, und die gibt es nicht nur in Cottbus, die gibt es nicht nur im deutschen Osten so, die gibt es überall. Die sind national extrem gut vernetzt und global. Und ich glaube, das ist wichtig. Also da einfach Raum zu schaffen, um diese Gleichzeitigkeiten anzusprechen und auszuhalten und denen einfach was entgegenzusetzen gemeinsam.

Vanessa: Vanessa: Also, du warst jetzt hier nicht stärker rassistischer Gewalt ausgesetzt?

Sarah: Sarah: Natürlich macht es schon was. Ich erinnere mich zum Beispiel, als ich hier irgendwie wählen gegangen bin. In meinem Wahlbezirk war die AfD zweitstärkste Kraft nach der SPD. Und natürlich ist es nicht so geil, wenn man dann irgendwie aus dem Wahlbüro kommt, dann sieht man die Leute so rumstehen. Denkst du so: Hm. Hast du die AfD gewählt? Ich möchte es eigentlich gar nicht wissen. Und natürlich macht es irgendwie macht es einfach was, an einem Ort zu leben, wo du es einfach so unmittelbar Teil des Alltags erleben ist, was Leute mit bestimmten T-Shirts so ganz entspannt durch die Gegend latschen. Oder als Energie Cottbus Aufstieg gefeiert hat vor zwei Jahren oder so, wo dann einfach Leute entspannt irgendwie auf dem Altmarkt in weißen Ku-Klux-Klan Kutten rumstanden mit Fackeln oder so. Ich habe es letztens noch mal Leuten erzählt, wo ich dann auch gemerkt habe, ok, das ist schon ein bisschen doll. Und gleichzeitig gibt es ja aber so eine Allgegenwart dieser ganzen Gewalt, der strukturellen Gewalt, der ganz unmittelbaren auch. Und das ist überall. Wie viele rechte ChatGruppen in der Polizei müssen noch aufgedeckt werden? Wann wird der Mord an Oury Jalloh endlich mal aufgeklärt. Also könnten wir 1000 Jahre drüber reden. Das ist wichtig, das immer mitzudenken. Also, weil genau so wenig wie der NSU ein Trio war, sind wir das Problem von rechter Gewalt und der Allgegenwärtigkeit von Rassismen, Sexismen, all dieser -istischen Scheiße, das verschwindet auch nicht, wenn wir jetzt irgendwie Cottbus schließen. Langer Rant, aber ja so, ich glaube so isses und anders auch, aber so halt auch.

Atmosphäre: Atmosphäre:: Schneeräumfahrzeug knattert vorbei

Sarah: Sarah: Ok, hello. Stehen wir jetzt hier im Weg?

Vanessa: Vanessa: Oh ja, Schneeräumfahrzeug.

Moderation: Moderation: Eine Schneeraupe kommt direkt auf uns zu.

Vanessa: Vanessa: Noch einmal zurück zu Eurer Aktion hier auf diesem Platz: Wir war die Stimmung und wie haben die Cottbusser*innen das angenommen?

Sarah: Sarah: Also ich kann sagen, dass die Stimmung an dem Tag ganz schön war. Zwischendurch war mal wieder nicht so viel los und ich kann jetzt nicht sagen, ob das jetzt irgendwie das emanzipatorische Erweckungserlebnis für Cottbus war oder so. Also war auch wurscht, glaube ich. Ich finde auch, es sich schön machen und sich Räume nehmen und die gemeinsam gestalten. Ist auch politisch. Rest ist Resistenz in der Welt irgendwie. Also in einer Welt, die so viel noch dafür tut, dass es so vielen Leuten so scheiße geht und so menschenfeindlich Dinge gestaltet. Was ist denn widerständiger, als sich einfach irgendwie so richtig schön zu machen, als zu chillen und irgendwie füreinander da zu sein und sich irgendwie zu stärken und Pause zu machen und zu feiern und sich wunderbar zu machen. Es hat vor allem auch so dieses sich den öffentlichen Raum, auch irgendwie so zu nehmen und zu sagen: So hey, wir sind auch hier. So kann man öffentlichen Raum auch gestalten und sich auch das schön machen zusammen. Also ich fand es irgendwie ziemlich imposant und cool.

Vanessa: Vanessa: Ist ja aber auch mit viel Kraft verbunden zu sagen okay jetzt, wie schaffen wir das, diesen Raum zu gestalten, dass wäre natürlich schön, wenn so ein Raum da wäre in einer Stadt, wo man einfach hingehen könnte.

Sarah: Sarah: Und das ist ja das Schöne. Es gibt diese Orte in Cottbus. Der Faule August ist so ein Ort, die Galerie Fango ist so ein Ort, ich könnte noch ewig so weiter machen.

Vanessa: Vanessa: Du hast Dich in relativ kurzer Zeit sehr stark vernetzt.

Sarah: Sarah: Ja. Stimmt. Ich liebe es, Begegnungsorte zu schaffen, aber auch mit Leuten in Begegnungen zu gehen. So, und mein zweiter Vorname ist Glück. Und in meinem Leben sind mir einfach oft wundervolle Menschen begegnet, die Lust hatten auf solche Begegnungen.

Vanessa: Vanessa: Also, deine zweiter Vorname ist Fartuun.

Sarah: Sarah: Fartuun heißt Glück auf Somali. Gut, oder?

Vanessa: Vanessa: Ich finde gerade heute kann das einen so ein bisschen tragen. Es ist ganz schön dunkel, kalt, es schneit.

Sarah: Sarah: Ja, ne. Das ist hier der Puschkin Park. Den durchqueren wir jetzt und machen uns auf den Weg Richtung Spree und frieren hoffentlich nicht ein dabei.

Moderation: Moderation: An der alten Stadtmauer entlang gehen wir durch den Park zur Spree.

Vanessa: Vanessa: Wir waren jetzt beim Faulen August und bei der Subkultur mit Netzwerken und tollen Leuten, die Du kennen gelernt hast. Was hat dich denn außerdem in Cottbus gehalten?

Sarah: Sarah: Das ist eine perfekt getimte Frage, weil da gehen wir jetzt hin. Als diese Pandemie so richtig losging und diese diese ganzen Orte verschwunden sind, war ich erst mal so richtig irritiert, dachte ich mir so hä? Also durch diese Pandemie sind einfach diese ganzen Orte der Subkulturen nicht mehr aufrufbar gewesen sind und jetzt verschwunden. Für mich hat sich das so angefühlt, als ob irgendwie einfach die Stadt, die man Zuhause geworden ist, nicht mehr da war. Und habe erstmal gedacht: Okay, jetzt erstmal mal wieder diese Stadt neu kennenlernen. Und dann habe ich habe einfach angefangen, mich immer auf dieselbe Bank zu setzen. So in der Innenstadt. So in Videospielen macht man es ja auch so, wenn man eine Handlung oft genug wiederholt, stellt sich irgendwie eine langfristige Veränderung ein. Was auch ein bisschen absurd ist, weil es ist ja auch ein analoger Vorgang. Und ausgehend von dieser Bank habe ich mir Cottbus dann neu erschlossen. Gefühlt, irgendwie zum Dritten Mal irgendwie und irgendwie hat sich dann von dieser Bank aus ein Netzwerk, aus Bäumen und anderen Banken und Orten, wo man sich die Spree schön angucken kann, erschlossen.

Vanessa: Vanessa: Jetzt sind wir mittlerweile auch an der Spree angekommen.

Sarah: Sarah: Die Spree! Wie schön. Ich war einfach ganz viel hier spazieren so. Und ich war so: Ach, Natur, wie schön. Und vor allem war Frühling geworden. Wahrscheinlich ist es eine Erfahrung, die auch viele Leute irgendwie in den letzten Pandemie-Monaten gemacht haben, ich hatte eine richtig tolle Begegnung. Ich habe die Taube von letztem Mal noch mal wiedergetroffen, die hat sich hinter mich gesetzt. Es war eine sehr, sehr schöne Taube, so weiß und irgendwie so braun gepunktet und die ist mir begegnet im Stadtbild ich war so: „Hallo, schöne Taube“ und ein paar Wochen später ist sie mir wieder begegnet und hat sich einfach so dann hinter mich gesetzt. Und eigentlich ist es irgendwie ein treffendes Bild für Cottbus, sonst habe ich andere Leute wiedergetroffen, habe ich eine Zeit zu Tauben wiedergetroffen und es war auch schön, nur anders.

Vanessa: Vanessa: Was hat das denn mit dir gemacht? Diese Zeit? Was ist daraus entstanden für dich?

Sarah: Sarah: Zum Beispiel habe ich gemerkt, was für ein großer Schatz das ist, so am Wasser wohnen zu dürfen. Und irgendwie…ich habe ja von diesem Projekt erzählt, eine neue Konzertreihe: „Voices in the Distance“.

Moderation: Moderation: In der Corona-Zeit hat Sarah Fartuun Heinze an dem Projekt „Stimmen in der Ferne – Musik im Negev und in Brandenburg“ mitgearbeitet: Musiker*innen, Komponist*innen und Autor*innen aus Isreal, aus der Region Negev, und aus Brandenburg haben zusammen Kompositionen und Texte über Themen entwickelt, die sie in ihrer Region beschäftigen.

Sarah: Sarah: Und meine Tandempartnerin Hadas, ganz tolle Komponistin, die in Tel Aviv lebt. Wir haben dann monatelang remote, im digitalen Raum zusammengearbeitet. Wir haben über, ja, über was? gesprochen. Das, was das bedeutet, irgendwie in Europa, in Israel, in den USA als Künstler*in zu arbeiten. Was braucht es für solidarische Kompliz*innenschaften? Und über die Spreewaldsagen haben wir auch viel gesprochen am Ende ist eben Six Creatures of Cottbus entstanden: Die Flusskrebsmagierin, der Eisvogelpoet, die Sirene der Dreifach-Mitte, der Stadtbahn Drache oder der Tram-Drache und, was war noch? Ah, der Nuria Nix.

Moderation: Moderation: Nutria sind Biberratten, die an den Flussufern der Spree zu Hause sind.

Sarah: Sarah: Siehst Du einen Nutria?

Vanessa: Vanessa: Sieht so nach Spuren aus.

Sarah: Sarah: Hier chillen die ja manchmal. Aber vielleicht ist es wirklich zu frosty. (Sarah rezitiert Gedicht) Der Nutria Nix./Gleich hinter der vorletzten Spreebiegung lebt der Nutria Nix./Sein glänzendes Fell wie Perlmutt./Und wenn du ganz genau hin hörst, hörst du ihn singen/Aber gib acht. Sonst wird es dein letztes Lied.

Sarah: Sarah: Die Texte, die ich geschrieben habe, sind eben so Fusion Love Childs aus Sagenwesen, die die Sagenwelt des Spreewalds bevölkern und meinen eigenen ästhetischen Forscher*innen Beobachtungen, weil Wundern und Schlendern entlang der Spree.

Moderation: Moderation: Das Wundern und genau Hinschauen hat sich Sarah Fartuun Heinze bewahrt: Sie hat einen liebevollen Blick auf die Welt. Auf unserem Spaziergang fotografiert sie unsere Spuren im Schnee – oder ein Stück Stoff, das im Baum hängengeblieben ist – und in der Dämmerung gespenstisch aussieht, fantastisch.

Sarah: Sarah: (Sarah rezitiert ihr Gedicht) Die Flusskrebsmagierin./Es geht die Sage, dass die Flusskrebse Magierin, die mächtigste Zauberin dies und jenseits der Spree war./Doch alles was von ihrer Magie übrig blieb, ist ihr Zeichen./Und eines Tages wird es einer neuen Schülerin den Weg weisen und ein neues Zeitalter der Magie wird beginnen.

Moderation: Moderation: Sarah schreibt auch progressive Fantasie – gerade hat sie eine Geschichte im Erzählband „Urban Fantasy going queer“ veröffentlicht. Verlinken wir Euch in den Shownotes.

Vanessa: Vanessa: Jetzt sind wir schon wieder auf dem Rückweg oder wo gehen wir jetzt hin?

Sarah: Sarah: Zurück in die Stadt, machen quasi noch einen Schlenker über den … Oh Worte, alles ist eingefroren. Auf jeden Fall kommen wir an der Galerie Fango vorbei.

Vanessa: Vanessa: Du hast erzählt, dass Du planst aus Cottbus weg zu gehen. Warum?

Sarah: Sarah: Ich glaube, es ist einfach ein ganz starkes Gefühl. Also, genauso wie ich ein starkes Gefühl hatte: Die Gründe, warum ich gekommen bin, sind auch die Gründe, warum ich gerne noch bleiben will. Habe ich jetzt das Gefühl, dass jetzt irgendwie Zeit ist weiterzuziehen und dann wie so ein Zugvogel im Frühling woanders zu landen.

Vanessa: Vanessa: Und weißt schon, wohin du gehst?

Sarah: Sarah: Ich würde gerne so am Wasser wohnen. Ich würde gern an einem Ort wohnen, wo es irgendwie black and queer communities gibt. So, jetzt fängt es an zu schneien. Ich werde Cottbus schon auch vermissen. Cottbus ist auf jeden Fall ein Zuhause für mich geworden. Ich durfte hier ganz wundervollen Menschen begegnen und viel gestalten.

Atmosphäre: Atmosphäre: Schritte

Moderation: Moderation: Wir verlassen die Spree und kehren zurück in die Stadt. Die Karlstraße hoch, bis zur Galerie Fango. Die Galerie wird von einem ehrenamtlichen Kulturverein betrieben. Und ist Treffpunkt, Ausstellungsort und Produktionsstätte. Die Wände der Galerie sind schwarz gestrichen und überall liegt Sand auf dem Boden.

Sarah: Sarah: Das ist die Galerie von Tango. Mal gucken, ob wir reingucken können.

Moderation: Moderation: Die Galerie ist geschlossen. Wir luken durch die Fensterscheiben.

Sarah: Sarah: Ich habe da so eine Vortragsreihe initiiert. (…) Weil ich irgendwie das Gefühl hatte, dass es cool ist, manche Themen mitten in der Stadt für alle zugänglich zu machen. Und nicht nur in der Uni. Und ich glaub, die erste Veranstaltung, die ich da gemacht hab, da ging es um Männlichkeit, Männlichkeitsideologie und toxische Männlichkeit und so. Es war sau cool. Leute allen Alters sind da aufgeschlagen. Hätte ich gerne weitergeführt…Genau, die Fango. Sand auf dem Boden und coole Veranstaltungen.

Vanessa: Vanessa: Ah, ist wirklich eine Sandkiste!

Sarah: Sarah: Stimmt, Sandbox. Das ist ein Begriff aus dem Game Design. Zum Beispiel Minecraft, wo man quasi wirklich eine riesengroße Spielfläche hat und eigentlich alles erschaffen kann, was das Material hergibt und was die Fantasie möglich macht.

Vanessa: Vanessa: Was kann man dann vielleicht auch lernen von Games und Computerspielen und die Art und Weise, wie Computerspiele gemacht sind?

Sarah: Sarah: Was ich einfach liebe daran, dass Games einfach von vornherein partizipative Medien sind. Also das ist cool, weil es funktioniert nur, wenn du es halt spielst oder so. Und ich finde Theater ist auch immer partizipativ. Also auch ganz klassisches Guckkasten Theater. Weil du kannst nicht Theater gucken, ohne aktiv zur Ausführung dieses Theaterabends beizutragen. So, und ich finde, die Verbindung zwischen Games und Theater schafft Anlässe. Eigentlich all die Dinge, die schon angelegt sind in Games und im Theater, damit einen Raum zu schaffen, um all das, was irgendwie sehr lustig und sehr cool und sehr interessant ist an Games und an Theater gemeinsam ästhetisch zu erforschen. Das finde ich sehr cool.

Vanessa: Vanessa: Was ist denn dein Lieblingsspiel?

Sarah: Sarah: Ich liebe Spiele und ein Spiel ist sogar Teil meiner Kurzbio. Zelda Ocarina of Time. Weil da die Musik auch so eine große Rolle spielt. Also ja, wie so oft auch fernab von Bildschirmen und Theaterbühnen ist auch bei Ocarina of Time der Schlüssel zu den meisten Rätseln: die Musik.

Vanessa: Vanessa: Ist die Musik etwas, was dich schon immer begleitet hat?

Sarah: Sarah: Ja. Musik ist ein ganz wichtiger Teil von meinem Erleben und von meinem Leben. Ich habe auch immer Musik gemacht, so musikalische Früherziehung. Ich habe mit sechs angefangen, Klavier zu spielen. Ich hatte lange Gesangsunterricht, ich habe Musik Abitur gemacht und genau das habe ich mir auch selber Ukulele beigebracht.

Musik: Musik: (Sarah singt mit Ukulele) Von Level zu Level. Kann jeder. Egal, ob jumpen…Schnecken checken oder Schildkrötenkloppe – oh! Kennste. Aber am Ende von jedem Spiel, wenn der Endboss wartet… Was tut da gut und Not? Gönn dir ne Fee. Gönn dir ne Fee. Gönn dir ne Fee. Jaja. Gönn dir ne Fee, ne Fee oder zwei. Because it’s dangerous alone…

Vanessa: Vanessa: Sarah, wo wollen wir uns verabschieden?

Sarah: Sarah: Ich würde mich gerne an der Bank von dir verabschieden, von der ich vorhin gesprochen habe. Das finde ich eigentlich ganz passend.

Atmosphäre: Atmosphäre: Cottbus Altmarkt

Sarah: Sarah: Und da ist die Bank. Und dann saß ich da immer. Und um mich herum hat die Stadt sich verändert. Es ist irgendwie Frühling geworden. Eine Zeit lang war hier einfach irgendwie noch nie was los.

Vanessa: Vanessa: Und jetzt liegt Schnee drauf. Wir bräuchten eine Schippe, um uns draufzusetzen.

Sarah: Sarah: Ja. Es ist irgendwie ein cooler Ort, um die Transformation dieser Stadt auch irgendwie so beobachten zu dürfen. Und ausgehend von dieser Bank, auf die ich mich immer ganz stur immer einfach draufgesetzt hab, egal welche Jahreszeit…

Vanessa: Vanessa: Aber hast Du das gerne gemacht oder war das deine Challenge?

Sarah: Sarah: Es war irgendwie die Quest. Ich bin so eine sture optimistische Person, dachte auch so Hä? Ok, also irgendwas, irgendwas Gutes wird schon passieren. Ausgehend von dieser Bank habe ich mir dann diesen Ort neu erschlossen und bin Nutrias begegnet und habe mich gewundert an der Spree. Und ja, und jetzt liegt hier Schnee. Ich freue mich drauf. Mich hier irgendwann noch mal hinzusetzen und Abschied zu feiern. Und ich freue mich drauf, neue Orte und Bänke und Quests und Nutria und anderen Wesen begegnen zu dürfen und andere Begegnungsorte erleben und vielleicht auch gestalten zu dürfen.

Vanessa: Vanessa: Dankeschön, Sarah, vielen Dank.

Sarah: Sarah: Vielen Dank dir. Das war echt ein schöner Spaziergang und es auch schon dunkel geworden.

Vanessa: Vanessa: Aber jetzt ist mir auch kalt.

Sarah: Sarah: Mir auch! (lacht)

Moderation: Moderation: (auf Soundbett) Das war der dritte Teil unserer Podcast-Serie „Vielfalt in Brandenburg“. Diese Reihe und alle weiteren Podcasts der Heinrich-Böll-Stiftung könnt ihr auf Spotify, Apple Podcasts oder der Podcast-App Eurer Wahl abonnieren. Im ersten Teil dieser Reihe hat meine Kollegin Franziska Walser junge Sinti und Roma in Berlin und Brandenburg begleitet, in Teil zwei porträtiert Mandy Schielke zwei lesbische Aktivistinnen. Alle Folgen und Hintergrundinformation findet ihr auf der Website www.boell-brandenburg.de. In den Shownotes sind weitere Infos zu Sarah Fartuun Heinze und ihrer Musik verlinkt. Wenn euch die gefallen hat, dann bekommt ihr die bei dem unabhängigen Label Tanz auf Ruinen Records. Für Feedback und Anregungen schreibt uns eine Mail an: info@boell-brandenburg.de und empfehlt uns gerne weiter. Ich bin Vanessa Loewel und dieser Podcast ist eine Produktion des Audiokollektivs.

Jingle: Jingle: Böll.Regional

Neuer Kommentar

Dein Name oder Pseudonym (wird öffentlich angezeigt)
Mindestens 10 Zeichen
Durch das Abschicken des Formulars stimmst du zu, dass der Wert unter "Name oder Pseudonym" gespeichert wird und öffentlich angezeigt werden kann. Wir speichern keine IP-Adressen oder andere personenbezogene Daten. Die Nutzung deines echten Namens ist freiwillig.